Montag, 5. Dezember 2016

Ein Offenbarungseid der ökonomischen Forschung

In einem Beitrag von Dr. Karen Horn zur experimentellen Ökonomik schließt sie mit folgendem Fazit.
Nein, die klassische Rationalitätsannahme ist keineswegs ein alter Hut, bloß ein Notbehelf, gar eine praktische, aber völlig in die Irre führende modelltheoretische Abkürzung. Sie ist auch mehr als bloß eine technische Benchmark. Sie ist vor allem ein Schutzmechanismus, der jene Übergriffe zu vereiteln hilft, die offenbar unvermeidlich mit dem menschlichen Drang verbunden sind, die in wissenschaftlicher Neugier errungene Erkenntnis auch alsbald in politische Gestaltung umzusetzen. 

Ich hoffe wirklich, dass dieser Absatz missverständlich ist. Denn übersetzt heißt er. Die Annahme der Rationalität ist zwar Quatsch, aber als Ökonomen behalten wir ihn bei, um die politischen Prozesse in unserem Sinne zu beeinflussen. Wissenschaft sollte Wissen schaffen und keine Politik machen. Denn mit diesen Modellen werden Entscheidungen und politische Richtungen definiert. Sind die Modelle falsch, wie will man die richtige Entscheidung aus dem Modell ableiten? Die Motivation gutes zu tun, was im Übrigen von den Neoliberalen immer den Linken vorgeworfen wird, führt zu schlechterem. Im Falle der neoliberalen Reformen führt es zu weniger Freiheit. Das klingt erst einmal absurd. Aber erhöhe ich den Druck auf Arbeitnehmer, dann muss ich diese stärker überwachen, weil sie weniger loyal sind. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Es verdeutlicht aber, dass eine Freiheitssteigerung an einem Ende nicht zwangsläufig eine globale Freiheitssteigerung zur Folge haben muss. Das ist etwas, was man als Selbstkritik, selten von den Ökonomen hört.

Chris

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