Dienstag, 20. Mai 2014

Oswald Metzger und die kalte Progression

Oswald Metzger, was meinen sie eigentlich zur kalten Progression?

70% aller Steuerpflichtigen (insgesamt 38,4 Millionen; zusammen veranlagte Ehegatten werden als ein Steuerpflichtiger gezählt!) haben Einkünfte unter 35.000 Euro im Jahr. Das entspricht einem Anteil dieser großen Einkommensgruppe von 32% an allen Einkünften. Die darauf zu entrichtende Steuer beträgt 14,9% der gesamten Einkommen- und Jahreslohnsteuer. In dieser Einkommensgruppe sind in aller Regel die Sozialabgaben auf das Einkommen höher als die Einkommensteuer
 Aber was hat das mit der kalten Progression zu tun? Für diese 70% ist dies nicht relevant. Sie haben ein zu geringes Einkommen. Alle Argumente für Steuersenkungen, die sie und ihre Freunde von der INSM bisher vorbrachten, bringen nicht wirklich viel, da diese Gruppe sehr wenig Einkommenssteuern zahlt. Es ist erstaunlich wie fluide die Argumentationsketten sind. Bei Steuersenkungen werden immer nur die Grenzsteuersätze angeschaut, bei der kalten Progression die zu zahlenden. Aber was hat das nun mit der kalten Progression zu tun?

Und dann wird es spannend: Die Steuerprogression schlägt am schärfsten bei Einkünften zwischen 40.000 und 125.000 Euro zu, je nachdem, ob sich hinter dem Steuerpflichtigen ein Single oder ein gemeinsam veranlagtes Ehepaar verbirgt. 
 
Nun kommt es. Die Steuerprogression betrifft die Leistungsträger der Gesellschaft.

Rund 8,6 Millionen Steuerpflichtige, knapp 23% aller Steuerpflichtigen, sind in diesem Einkünftesegment angesiedelt. Sie bezahlen darauf fast 48% des gesamten Einkommensteueraufkommens. In dieser starken Mittelschicht unserer Gesellschaft sind auch noch erhebliche Teile der Einkünfte sozialversicherungspflichtig. Diese Gruppe zählt für mich deshalb zu den wesentlichen Finanzierungsstützen von Staat und Gesellschaft.

Für den lieben Herrn Metzger zählt diese Gruppe zu den wesentlichen Finanzierungsstützen. Schade nur, dass die Lohnsteuer gerade mal 30% des gesamten Steueraufkommens in Deutschland ausmacht. Auch vergisst Metzger, dass diese Gruppe fast 50% des Einkommens bekommt. Weiterhin vergisst er, dass die Einkommen dieser Gruppe durch ihre Spitze, welche durch die kalte Progression wenig betroffen ist, stark verzerrt wird.
Alles in allem trifft die kalte Progression eine kleine Gruppe. Wesentlich wichtiger wäre die Frage wie die Belastung dieser Gruppe in den letzten 20 Jahren aussah? Durch Senkung der Vermögens-, Spitzen-, Erbschafts-, und Kapitalertragssteuer wurde gerade diese Gruppe entlastet. Natürlich wesentlich mehr die Spitze als in der Nähe der 70%. Was Metzger, mal wieder, als Untergang der Gesellschaft darstellt, ist nicht schön. Allerdings wären Forderungen nach höheren Löhnen, welche das Ganze überkompensieren, deutlich einfacher zu gestalten. Eine Änderung dieses Phänomens würde eine automatische inflationsbasierte Anpassung der Steuergrenzen bedeuten. Das würde jede Menge Bürokratie bedeuten, da jeder Finanzminister die Inflationsbemessung in seinem Sinne umstellen würde.
Man kann gegen die kalte Progression sein. Man sollte es aber gut begründen und argumentieren. Das gelingt nicht mal im Ansatz.

Chris

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