Montag, 3. Juni 2013

Kommentar zu "Libertarismus und katholischer Glauben – Versuch einer Annäherung"

In meinen Augen ist der Versuch einer Annäherung ist für Verfechter der Nichteinmischung und des möglichst schwachen Staat ein Widerspruch. Es wird ein ideales Bild der Kirche genutzt, um sie zu legitimieren. Ein ideales Bild des Staates wird aber nicht zugelassen. Dieser Unterschied resultiert aus dem persönlichen Glauben:

@Störk
"Ich glaube, daß die beste irdische Umsetzung des Jesuswortes "wer unter Euch der Größte sein will, soll aller anderen Diener sein", im freien Unternehmertum im freien Wettbewerb unter kapitalistischen Bedingungen möglich ist."

Ich glaube es nicht, ich hoffe es nur. Ich denke man braucht Regeln, um diese Umsetzung zu realisieren. Je anonymer die Ökonomie und das gesellschaftliche Leben abläuft, desto weniger interessieren wir uns für eine faire Umsetzung. Beispiele gibt es genug. Wir wissen von den Produktionszuständen in der Dritten Welt. Allerdings können wir schlecht einschätzen wie viel Wahrheit dahinter steckt und wie wir diese Wahrheit positiv verändern können. Die Verantwortung liegt dabei auf vielen Ebenen. Wenn H&M vernünfige Produktionsmethoden fordert und diese bei seinen Zulieferern prüft, diese aber noch Sub-Sub-Sub Unternehmen beschäftigen funktioniert die gute Absicht nicht mehr.
Der Kirche zuzuschreiben, dass sie für die emanzipatorische Entwicklung in Europa verantwortlich war, ist vermessen. Sie stand und steht in weiten Teilen dagegen.

"Wer den christlichen Glauben, und dazu zählt nunmal auch das katholische Bekenntnis, so einfach ("Aufklärung") abschreiben will, sollte sich noch einmal Rothbard vergegenwärtigen und in Erinnerung rufen, dass naturrechtliche Erwägungen eine kaum zu unterschätzende Bedeutung für den Liberalismus/Libertarismus haben."

Nicht der Glaube führt zur Emmanzipation des Menschen. Die Kirchen haben oft genug die Wissenschaft unterdrückt. Frauen sollen am besten zu Hause bleiben und Kinder kriegen [1]. Auch unterstützte die Kirche die Diktatur in Argentinien [2] und die Katholiken betreiben die einzige absolutistische (Wahl-)Monarchie in Europa [3]. Für mich sind diese frei Beispiele nicht gerade ein Zeugnis für Freiheit.
Dabei sind hier die "naturrechtliche Erwägungen" interessant. Mit diesen wird der Liberalismus begründet ohne zu erwähnen, dass sich das Naturrecht über die Jahrhunderte wandelte. Sklaverei wurde mit diesem Recht ebenso begründet wie die Gleichheit der Menschen.

Im Laufe der neueren Zeit hat man den fürstlichen Absolutismus so gut wie die unmittelbare Demokratie, das jus majestatis so gut wie das jus revolutionis, das Recht auf Arbeit wie das Recht auf Zinsgenuß, den Individualismus wie den Kollektivismus, den Krieg wie den Frieden auf einen den Naturgesetzen entsprechenden Ur- oder Idealzustand begründet. So birgt die Naturrechtslehre in sich unvereinbare Widersprüche. Sie kann im guten Sinne gebraucht wie im bösen mißbraucht werden, je nachdem es der zugrunde gelegte, schilllernde Begriff der ‚Natur‘ erlaubt.[4]

[1] http://www.n-tv.de/politik/Kardinal-Meisner-will-mehr-Muetter-article10672486.html
[2] http://www.dradio.de/dlf/sendungen/tagfuertag/2041993/
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Vatikanstadt
[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Naturrecht#Kritik

Chris

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen